Der Beteiligungshaushalt wie er hier praktiziert wird hat gigantische Schwächen.
- Teilnehmen tun weitgehend die "üblichen Verdächtigen" mit Online-Affinität. Viele Gruppen kommen hier nicht vor.
- Seit Jahren landet das Westbad vorne in der Rangliste und kann ich dort bald schwimmen? Nein.
- Die Vorschläge sind nichts weiter als das: Vorschläge. Es findet danach keine Runde mit Experten statt, in der die Vorschläge verbessert, angepaßt und mit anderen Vorschlägen zusammengeführt werden. Stattdessen wird eine Auswahl dem Gemeinderat vorgelegt.
- Die vorderen Plätzen werden meist von gut vernetzten Partikularinteressen belegt - hier eine Halfpipe, da ein Theater, dort ein einzelnes Straßenschild. Oder aber von gut vernetzten Gruppen wie dem Fuß- und Radentscheid. Andere nicht vernetzte Gruppen wie Obdachlose gehen unter.
- Alle Jubeljahre wird der Beteiligungshaushalt durchgezogen, in der Zeit dazwischen gibt es keine Diskussion.
- Es findet offensichtlich keine tiefergehende Evaluation statt. Der Prozeß ist immer noch wie anno dazumals. Aber hej, jetzt kann man Vorschläge verorten!!!
- Darstellung und Form ist verbesserungsfähig. Dabei ist nicht nur die pure Webseite gemeint, sondern der gesamte Prozeß.
- In diesem Format werden willkürliche Textblöcke wie dieser kreiert. Wie kann dies in eine konkrete, abstimmungsreife Vorlage für den Gemeinderat überführt werden? Hier wäre ein daran anschließender Prozeß interessant.
- Neben dieser Internetforums-basierten Diskussion findet keine weitere Diskussion statt, auch nicht in Zeiten von Videokonferenzen, Sitzkreisen und Katzengeschrei im Garten.
- usw, bitte diskutieren
Fazit: in der jetzigen Form brauchen wir dieses Onlineportal nicht länger. Wenn Bürgerbeteiligung, dann richtig.
Eine bessere Lösung könnte umfassen:
- Mehrstufiges Verfahren, bei dem Vorschläge in einer zweiten Runde konsolidiert und mit Experten offen besprochen werden. Dann kommt es zu einer eigentlichen Abstimmung.
- Darstellung von verschiedenen Aspekten durch den Ersteller und in der späteren Runde: Pro/Contra, Kosten, Zeithorizont, Verantwortliche, Umsetzbarkeit, etc.
- Einbindung anderer Formate als Text-Diskussion, wie Möglichkeit zu Video-Calls etc.
- Verschiedene parallele Kanäle für Vorschläge: Zufallsbürger, Parteien, Verwaltung, Bürger
- Daran anschließender Prozeß bei dem aus den Vorschlägen Entscheidungsvorlagen erstellt werden.
- uvm, bitte diskutieren
Bild: Mistgabel von www.verbformen.de, Lizenz CC BY-SA 4.0
Stadt Freiburg
Kommentar der ModerationHallo Sehr_Gerne,
wir haben den Vorschlag an das zuständige Sachgebiet Soziale Stadtentwicklung weitergeleitet und folgende Antwort erhalten:
Das aktuelle Format des Beteiligungshaushalts fußt auf drei Säulen – der Freiburg-Umfrage des Amtes für Bürgerservice und Informationsmanagement (ABI), einer Aufbereitung der Informationen zum Haushalt in der Haushaltsserie des Amtsblatts und auf https://www.freiburg.de/haushalt/ sowie der digitalen Beteiligung auf der Online-Plattform https://www.mitmachen.freiburg.de/.
Auch wir sehen den Bedarf das Konzept des Freiburger Beteiligungshaushaltes zu überarbeiten. Bislang fehlen hierfür jedoch die nötigen Personalmittel außerhalb der Projektlaufzeit des Beteiligungshaushaltes. Erste Konzeptüberarbeitungen sind nach Ende des diesjährigen Beteiligungshaushaltes geplant. Eine vollständige Konzeptüberarbeitung sowie die Einführung der Neuerungen stehen momentan jedoch unter dem Vorbehalt ausreichend verfügbarer Personalressourcen.
Sehr_Gerne
Vielen Dank für die Antwort. Dann ist der Vorschlag hier ja richtig platziert, nämlich als Forderung nach eben diesen Personalressourcen!
Bei der Überarbeitung stehen ich und sicher auch die anderen Teilnehmer gerne beratend zur Seite.
In diesem Sinne ist auch mein finaler Beitrag zu verstehen: https://mitmachen.freiburg.de/stadtfreiburg/de/mapconsultation/54307/single/proposal/1013
BarN
Stimme zu! Neben den sehr selektiven Vorschlägen fehlt mir vor allem die repräsentative, mehrheitsfähige und objektivierte Bewertung. Es bewerten genau die wenigen Personen, oft mit sehr spezifischen Interessen, die auch einreichen. Wenn überhaupt sollte doch ein Querschnitt der Freiburger Bürger (jenseits der politischen Vertreter) diese Vorschläge bewerten, um ein repräsentatives Bild zu erhalten, ob es für alle von Interesse ist oder eben nur für eine kleine Gruppe, die sich hier aber komplett beteiligt.
Harald
Ich finde die Kritik sachlich und gut argumentiert, daher Daumen hoch. Aber ich werde mich trotzdem hier weiter „beteiligen“ solange es halt nur so geht.
Sehr_Gerne
Beteiligen werde ich mich auch noch weiter - hoffentlich in Zukunft in einem besseren Format.
Kowa
Bin zwar auch für mehr direkte Demokratie und Bürgerentscheide, aber einfach nur Abschaffen ist kein Gewinn. Daumen runter für diesen Vorschlag!
Sehr_Gerne
"Einfach nur abschaffen" steht eben nicht im Vorschlag, sondern ersetzen durch etwas besseres.
Walther
Diese Art der Beteiligung wird sicher von den Stadträten und dem OB nur als EINE mögliche Form des "Ohres an der Bürgerschaft" gesehen. Immerhin wird ja sehr viel und an Plaktsäulen(!) geworben. Andere Möglichkeiten sollten auch ins Spiel gebracht werden, die in direktem Kontakt mit verschiedenen Bevölkerungsgruppen bestehen.
Clemens
Ebenso muss sicher gestellt werden, dass sich auch wirklich nur Bürger beteiligen und nicht jeder im deutschsprachigen Raum sich zu Wort melden kann.
KarlHK
Verbesserungen ernsthaft prüfen mit dem Ziel einer wirklichen und breiten Beteiligung prüfen und umsetzen, aber bitte nicht abschaffen!
Sehr_Gerne
"Einfach nur abschaffen" steht nicht im Vorschlag, sondern ersetzen durch etwas besseres.
tempo
Viele Vorschläge hier sind auch nicht haushaltsrelevant und verpuffen daher. Einsparungen kommen so gut wie gar nicht vor. Aber ansonsten eine berechtigte Kritik: Beteiligung nur alle 2 Jahre, mobilisierungsstarke Vereine dominieren.
Bernhard
Die Kritik am Beteiligungshaushalt ist wie jede differenzierte Betrachtung meist nicht unberechtigt. Und auch die besseren Lösungen sind im Grunde "nichts weiter als das": gute und richtige Vorschläge.
Und doch: wir benötigen auch dieses Online-Portal weiterhin.
Mensch muß nicht immer gleich sofort ein großes Rad drehen und alles perfekt durchstrukturieren. Das schreckt viele eher ab und macht das Ganze unheimlich schwerfällig.
Wir haben hier eine von zukünftig hoffentlich viel mehr Möglichkeiten, mit dem die Bürger und Initiativen ihre Ideen öffentlich machen, konkrete Vorschläge einbringen und zur breiten Diskussion stellen können. Wo kann man das sonst so ungezwungen und themenoffen mit öffentlicher Unterstützung?
Damit sich möglichst viele/alle beteiligen können, sollte die Stadt die angebotenen Möglichkeiten aber viel stärker/intensiv bewerben und man könnte dieses Forum auch zu einer dauerhaften themenoffenen Veranstaltung (nicht nur zum Doppelhaushalt) machen. Gerne auch mit anderen Kommunikations-Formaten ergänzen (oder die Verbindung dazu schaffen) und bei Bedarf eine Direktkommunikation ermöglichen.
Für die Abschaffung des Beteiligungshaushalts gebe ich kein Like, für eine Verbesserung hätte ich eines gegeben.
Sehr_Gerne
Die totale Abschaffung fordere ich auch gar nicht, nur in der jetzigen Form bei gleichzeitiger Verbesserung (also de facto einfach eine Verbesserung). Genau dazu dienen Beiträge wie Ihrer, vielen Dank!
Ich stimme auch zu, daß es niedrig-schwellige, einfache, themenoffene Möglichkeiten braucht um Vorschläge zu äußern.
Apropos Niedrigschwelle: warum kann man nicht ohne Anmeldung einen Vorschlag posten?
Horst
Im aktuellen Beteiligungshaushalt lässt man die Menschen ein wenig vor sich hinträumen, das gibt gute Gefühle und Anlass zu Hoffnung. Und die Stadt kann später sagen, sie habe umfassend beteiligt. Alles gut. Mehr ist da nicht zu erwarten.