Die Coronakrise droht dem schon lange kriselnden Freiburger Nachtleben schwerste Schäden zuzufügen. Als wären die letzten Jahre nicht schon schlimm genug gewesen: Der Verlust weiterer, kostbarer Orte der Nachtkultur ist zu befürchten. Und die Erfahrung lehrt: Einmal geschlossen, kehren diese nicht zurück und die Zeit gegenzusteuern, läuft davon. Dies kann nicht im Interesse der Stadt Freiburg liegen, wird sich dies auch in der ökonomischen Bilanz mittelfristig niederschlagen.
Freiburg lebt maßgeblich von seiner Attraktivität als Studierendenstadt.
Kein Wirtschaftszweig dieser Stadt ist so kompliziert zu steuern, wie jener des Nachtlebens - und keiner wird so wenig gesteuert. Insbesondere der Interessensausgleich zwischen Nachtgastronomie/Nachtkultur und Anwohner*innenschaft gelingt in den wenigsten Fällen. Das hat zuletzt das Beispiel “Bis Späti” und der Konflikt um den Lederleplatz (Fortsetzung folgt) verdeutlicht.
Hätte man auch andere Location mittels frühzeitiger, präventiver Mediation oder unternehmerischer Beratung erhalten können? Hier ein paar Beispiele:
Balz Bambii, White Rabbit, Bar Erica, Rufino, Schmitz Katze, Walfisch, etc.
Wir glauben: JA!
Das zeigen die Erfahrungen aus anderen Städten. Immer mehr Kommunen schaffen Personalstellen, um den besonderen Probleme im Bereich Nachtkultur, Sicherheit im Nachtleben und Nachtökonomie Herr*in zu werden. Sie heißen wahlweise Nachtbürgermeister*innen, Nachtreferent*innen oder Nachtmanager*innen.
Die Aufgabenbereiche sind vielfältig und müssen auf Freiburgs Bedarfe zugeschnitten werden.
Insbesondere im Bereich Lärmkonflikte besteht nach Wiederaufnahme des Nachtbetriebes erhöhtes Konfliktpotenzial. Eine Gewöhnung an eine de facto Nachtruhe ab 20:00 Uhr (genau genommen, haben wir sie gegenwärtig rund um die Uhr) gerade in Ausgehvierteln könnten die Geräuschempfindlichkeiten der Anwohner*innen gesteigert haben. Man hat sich “an die Ruhe gewöhnt”, die Ansprüche sind gestiegen. Sollte nun vermehrt “zum Hörer” gegriffen werden, drohen neue Konflikte - auch an Orten, die zuvor als konfliktarm oder -frei galten. Da die Rechtslage in diesen Lärmkonfliktfragen leider so eindeutig wie reformbedürftig ist, bleibt auf kommunaler Ebene nur die Mediation. Werben um Verständnis für die Interessen beider Seiten, das direkte Intervenieren bei verhärteten Konfliktsituationen, sowie das Entwickeln von Projekten zur Konfliktprävention.
Hinzu kommen Projekte zur Steigerung des Sicherheitsgefühls im Nachtleben, etwa durch kulturelle Initiativen an sog. “Angsträumen”. Das Thema Sicherheit im Nachtleben betrifft Freiburg ganz besonders. Auch das Anleiten von Awareness Konzepten soll hierfür einen wichtigen Beitrag leisten.
Beratungsangebote, Übersichten über Fördermöglichkeiten und Antragshilfen sollen den Betreiber*innen durch den Behördendschungel helfen.
Mit regelmäßigen Besuchen vor Ort durch eine*n “szeneaffine*n Kümmer*in” sollen Bedarfe und Problem ermittelt und Lösungen gemeinsam erarbeitet werden.
Ein kommunaler Fördertopf “Neustart Nachtkultur” soll direkt von der Stelle verwaltet werden. Darin vorgesehen: Zuschüsse für Schallschutznachrüstungen, sowie Mittel für innovative Projekte und zinsfreie Darlehen für Neuunternehmungen.
Die Versäumnisse der letzten Jahre zeigen: Es braucht eine stärkere Vernetzung der Orte und Einrichtungen der Nachtkultur und -ökonomie. Nur so können Bedarfe, Sorgen und Konflikte korrekt erfasst werden, um letztlich auch Politik und Verwaltung dabei zu helfen, einen Interessenausgleich zu leisten. Auch in Stadtplanungsfragen kann die Expertise ein*es Nachtmanagers*in dabei helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Die Leistungsfähigkeit der Freiburger Nachtökonomie muss endlich empirisch erfasst werden. Hier kann ein*e Nachtmanager*in vertrauensbildend wirken, um unter Mitwirkung der Akteur*innen ein authentisches Resultat zu erhalten.
Wenn wir wollen, dass Freiburg weiterhin für junge wie junggebliebene Menschen attraktiv bleiben soll, müssen wir diesen etwas bieten. Sei es in Bezug auf die Entscheidung, das Studium in Freiburg zu absolvieren, oder Künstler*innen und Kreativschaffende in Freiburg zu halten, damit sie Ihr Potenzial hier entfalten.
Auch als Standort für innovative Start-Up-Unternehmen mit ihren meist jungen Angestellten und Expeds oder die Entscheidung, in dieser Stadt eine Familie zu Gründen.
Aufgrund der überschaubaren Größe Freiburgs und der moderaten Anzahl der - man muss leider sagen verbliebenen - Orte der Nachtkultur, wäre eine 50% Stelle (25.000 EUR/Jahr) unseres Erachtens zunächst ausreichend.
Aufgrund des besonderen Vernetzungsbedarfs der verschiedenen Einrichtungen und Akteur*innen der Nachtkultur wäre eine Beteiligung an der Finanzierung im Rahmen eines 50+1 Modells vorstellbar und unseres Erachtens sinnvoll.
All das sind viele gute Argumente, ein buntes und vielfältiges Nachtleben zu erhalten und zu fördern!
Freiburg braucht eine*n Nachtmanager*in. Jetzt.
Charlie Fonk
Es ist traurig,beschämend und furchtbar, was mit dem Freiburger Nachtleben in den letzten Jahren - ganz unabhängig von Corona passiert ist. Wer als junger Mensch eine Stadt geliebt hat, kommt wieder oder bleibt. Wenn das nicht stattfindet, hat die Stadt keine Zukunft.
LiGa
Vor allem bei der FWTM könnte man noch mehr als den Popbeauftragten einsparen, der Topf der FWTM ist immer noch im Verhältnis zu allem anderen zu exorbitant!
AnneR
dafür könnte man dann das Geld für den sog. 'Popbeauftragten' einsparen
Pablo
Überfällig, herzlichen Dank an das Kulturbündnis.