Gesundheit ist ein Menschenrecht - Freiburger Anonymisierter Behandlungsschein (FRABS) für Menschen ohne Krankenversicherung

Erstellt von davids am 29.09.2022 um 13:46 Uhr
Soziales

Das Medinetz Freiburg und FRABS e.V. setzen sich dafür ein, dass der Freiburger Anonymisierte Behandlungsschein (FRABS) fortgeführt und ausgebaut wird. Ein anonymisierter Behandlungsschein ist eine pragmatische, kurzfristig umsetzbare und wirksame Lösung zur Gesundheitsversorgung von Menschen ohne Krankenversicherung. Diese Menschen befinden sich in einer höchst vulnerablen und prekären Versorgungssituation.

Wer sind wir?

Wir sind eine Gruppe, die seit über 20 Jahren unbezahlt Menschen ohne Papiere an niedergelassene Ärzt*innen, Therapeut*innen, Hebammen und andere medizinisch Tätige vermitteln. Im letzten Jahr haben wir den gemeinnützigen Verein FRABS e.V. gegründet und einen Behandlungsschein auf kommunaler Ebene eingeführt: den Freiburger Anonymisierten Behandlungsschein.

Warum ist das überhaupt notwendig?

Unter uns – mitten in Freiburg – leben Menschen, denen jeglicher Zugang zur medizinischen Versorgung verwehrt wird, oder aber die nur sehr eingeschränkte Leistungen erhalten. Darunter befinden sich deutsche Staatsbürger*innen ohne Versicherung, Wohnungslose, Asylbewerber*innen, EU-Bürger*innen und insbesondere papierlose Migrant*innen. Dies ist mit negativen Konsequenzen sowohl für die Gesundheit der Betroffenen selbst (Verschleppung und Chronifizierung behandelbarer Erkrankungen, Eintreten von vermeidbaren Komplikationen), für deren Umgebung (Übertragung von Infektionskrankheiten durch ausbleibende Behandlung) als auch für öffentliche Kostenträger (verteuerte Behandlungen durch Eintreten von Komplikationen und Notfällen) verbunden.

Was machen wir? Was ist ein FRABS?

In einer Sprechstunde, die zwei Mal wöchentlich stattfindet, können Menschen ihr gesundheitliches Anliegen vorbringen. Ein Sozialarbeiter prüft den rechtlichen Status und ob eine Integration in die Regelversorgung möglich ist. Wenn eine Kostenübernahme durch eine Krankenversicherung oder öffentliche Stelle nicht – oder nicht schnell genug – möglich ist, wird für Freiburger*innen ein anonymisierter Behandlungsschein (FRABS) ausgestellt. Dieser garantiert eine Kostenübernahme für fachärztliche Untersuchung und Behandlung, Psychotherapie, Dolmetscher-Dienste, Heilbehandlungen wie Physio- oder Ergotherapie, Wundversorgung und Medikamente. Früher waren wir auf die kostenlose Behandlung aus einer kleinen Gruppe von Ärzt*innen und Therapeut*innen angewiesen, mit dem FRABS haben die Betroffenen nun die Möglichkeit der freien Arztwahl. Die Rechnung für die erbrachten Leistungen wird an den FRABS e.V. geschickt.

Wer profitiert davon?

Ein paar Beispiele aus dem ersten Jahr des Projekts:
- Ein Mann ruft an, weil er starke Zahnschmerzen hat. Ein Zahnarzttermin kann am Folgetag organisiert werden, er holt einen FRABS ab und kann damit Zahnbehandlung und Schmerzmedikamente bekommen.
- Eine junge Frau ist mit ihrem ersten Kind schwanger. Die Vorsorgeuntersuchungen, auch ein ausführlicher Ultraschall, werden über den FRABS ermöglicht und bezahlt. Kurz vor der Geburt gelingt es, eine Krankenversicherung für sie zu etablieren.
- Eine Frau, die seit vielen Jahren in der Illegalität lebt und in der Gebäudereinigung arbeitet, stürzt beim Fensterputzen und prallt auf ein Fensterbrett. Sie kommt mit starken Schmerzen in die Sprechstunde, wird am gleichen Tag von einem Allgemeinmediziner untersucht und am Folgetag zum Röntgen geschickt. Zwei Rippen sind gebrochen, glücklicherweise ist keine Operation notwendig. Sie bekommt Schmerzmedikamente verschrieben. Arzt, Röntgenuntersuchung und Medikamente können über den FRABS bezahlt werden.

Finanzierung
Für das Jahr 2022 haben wir 50.000€ aus dem städtischen Haushalt erhalten. Davon bezahlen wir einen Sozialarbeiter in Teilzeit (15h/ Woche), Miete und Ausstattung für die Büro- und Sprechstundenräume, Dienstreisen und Fortbildungen und die anfallenden Behandlungskosten. Ehrenamtliches Engagement ist weiterhin in großem Umfang notwendig, um das Angebot aufrechtzuerhalten.

Was fordern wir?

Wir möchten das Angebot fortführen und die Finanzmittel dafür aufstocken. Wir fordern 75.000€ pro Jahr im kommenden Doppelhaushalt 2022/2023. Das ist aus mehreren Gründen notwendig:
- Beginn des Projekts war im März 2022, für die folgenden Jahre müssen wir also 12 statt wie bisher 10 Monate finanzieren.
- Das Angebot wird bekannter, kontinuierlich nehmen es mehr Menschen in Anspruch, damit steigen auch die Behandlungskosten.
- Wir mussten bislang keine teure stationäre Behandlung bezahlen, das wird aber sicher auf uns zukommen.
- Wir möchten eine Verwaltungskraft auf 520-€-Basis einstellen, um den Sozialarbeiter zu entlasten.

Mein Vorschlag wäre...

… das Menschenrecht auf Gesundheit für alle Menschen gilt. In Freiburg sollte es niemandem verwehrt bleiben.

www.frabs.org
www.medinetz.rasthaus-freiburg.org

Kommentare (24)

Stadt Freiburg

Kommentar der Moderation
ID: 11.165 24.03.2023 13:47

Der Vorschlag wurde in Fraktionsanträgen von Grünen (OZ 422), Eine Stadt für Alle (OZ 423), SPD/Kulturliste (OZ 424), CDU (OZ 425), JUPI (OZ 426), FDP/BfF (OZ 427) und Freiburg Lebenswert (OZ 428) aufgegriffen, die in der Zweiten Lesung zum Haushalt am 27. und 28. März vorberaten werden: https://www.freiburg.de/pb/1057958.html

Sandra Hürnheim

ID: 11.101 06.10.2022 23:35

Es ist schade, dass es Medinetz braucht, aber so wichtiger eure Arbeit zu unterstützen

SPA

ID: 11.065 06.10.2022 21:55
Ich unterstütze den Vorschlag und finde, er sollte beim Dialog-Treffen diskutiert werden, weil...

jeder Mensch das Recht auf Gesundheitsversorgung hat und es purer Zufall ist, in welcher Familie wir geboren wurden.

Adjoa

ID: 10.884 06.10.2022 10:22

Die Würde des Menschen ist unantastbar.

jafati

ID: 10.872 06.10.2022 09:28
Ich unterstütze den Vorschlag und finde, er sollte beim Dialog-Treffen diskutiert werden, weil...

Weil Gesundheit ein Menschenrecht ist. Danke Medinetz!

Sabine

ID: 10.662 05.10.2022 15:31
Ich unterstütze den Vorschlag und finde, er sollte beim Dialog-Treffen diskutiert werden, weil...

Weil er Menschenrechte unterstützt, Leben retten kann und zur Würde der Menschen beiträgt

LA

ID: 10.609 05.10.2022 11:17
Ich unterstütze den Vorschlag und finde, er sollte beim Dialog-Treffen diskutiert werden, weil...

Gesundheit ein Menschenrecht ist. Der Frabs ist eine gute Möglichkeit um die bestehende medizinische Versorgungslücke anzufangen zu schließen.

SP

ID: 10.525 04.10.2022 22:34
Ich unterstütze den Vorschlag und finde, er sollte beim Dialog-Treffen diskutiert werden, weil...

die medizinische Versorgung aller Menschen, unabhängig von ihrem sozialen Status und der Herkunft, das Mindeste wäre, was man in einer Wohlstandsgesellschaft wie Deutschland erwarten kann.

MD

ID: 10.524 04.10.2022 22:26
Ich unterstütze den Vorschlag und finde, er sollte beim Dialog-Treffen diskutiert werden, weil...

der Zugang zur medizinischer Versorgung für alle Menschen unabhängig von ihrer Herkunft gewährleistet werden sollte. Es ist ein Menschenrecht.